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Wertschöpfung bei Medienproduktionen: Die Spielregeln verändern sich

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Die Spielregeln, nach denen Medienproduktionen finanziert und monetarisiert werden, verändern sich rasant. Drei aktuelle Beispiele illustrieren dies.

Im digitalen Zeitalter werden die Spielregeln der Medienwelt neu definiert – sowohl direkt in Form veränderter Wertschöpfungsketten, als auch indirekt in Folge sich wandelnder Wertvorstellungen und bisher nicht existenter Wege der Vernetzung und Partizipation. Neu ist diese Erkenntnis nicht, wird einem aber dieser Tage anhand von drei aktuellen, erfolgreichen Experimenten der Monetarisierung und Finanzierung von Medienprodukten wieder einmal deutlich vor Augen geführt.

Den Anfang machte der US-Standup-Comedian Louis Szekely alias Louis C.K, der seit knapp zwei Wochen in Eigenregie ein kopierschutzfreies Video eines Live-Auftritts für fünf Dollar auf seiner Website zum Kauf (und zusätzlich zweimaligem Streaming) anbietet. Nach zwölf Tagen hat der bekannte Komiker mit der Aktion, die von reichlich medialer Aufmerksamkeit begleitet wurde, eine Million Dollar umgesetzt (nach dem Abzug der PayPal-Gebühren).

Ein Viertel davon sind nach seiner Aussage Kosten für die Produktion, ein weiteres Viertel zahlt er als Bonus an sein Team aus, 280.000 Dollar will er an gemeinnützige Organisationen spenden und die verbleibenden 220.000 Dollar selbst behalten. Mit einem Filmstudio, das traditionell die Vermarktung und den Verkauf derartiger Projekte übernimmt, muss Louis C.K nicht teilen, was für seine Fans ein günstigeres Produkt und für ihn deutlich höhere Erlöse bedeutet.

Spreeblick-Blogger Johnny Haeusler startete wenige Tage nach Louis C.K ein nicht unähnliches Unterfangen: Seitdem verkauft er sein erstes E-Book “I Live By The River” mit 15 von ihm verfassten Geschichten ohne zwischengeschalteten Großverlag zu einem Preis von 0,99 Euro bei Amazon (fairerweise sei angemerkt, dass Spreeblick selbst als Verlag auftritt). Mittlerweile gibt es den Titel auch in Apples iBook-Store. Weitere E-Book-Shops sollen folgen – der Preis bleibt immer gleich.

Der letzte Zwischenstand vom Mittwochabend: Bei Amazon gingen 1271 Exemplare über den virtuellen Ladentisch, was Platz 7 in der Kindle-Bestseller-Liste bedeutet (ein Ziel von Haeusler war es, herauszufinden, wieviele Verkäufe für die einzelnen Rankingpositionen erforderlich sind). In Apples iTunes-Store landete der Titel mit 215 erworbenen Exemplaren direkt auf dem ersten Platz der Rangliste kostenpflichtiger iBooks.

Abgesehen von der 30-prozentigen Umsatzbeteiligung (bei Apple) (die auch bei Amazon zum Tragen kommt) [Update] Johnny Haeusler erklärte uns, dass bei Amazon die 70-Prozent-Regel erst ab einem Verkaufspreis von 2,99 Euro greift, darunter bleiben für den Autor 35 Prozent. [Update Ende] gilt wie im Falle von Louis C.K: Teilen muss Hausler anschließend nur mit denjenigen, die aktiv an der kreativen Erstellung des E-Books beteiligt waren, weshalb er sein Erstlingswerk zu diesem günstigen Preis anbieten und vor allem eigenständig über die Distributionskanäle und -methoden entscheiden kann. Gleichzeitig nutzt er seine Prominenz in der deutschsprachigen Blogosphäre und alle verfügbaren Social-Media-Kanäle, um fleißig für die Aktion zu trommeln und die Verkaufszahlen des Buches in die Höhe zu treiben.

Während diese zwei Beispiele das enorme Potenzial des Selfpublishing und des Eigenvertriebs als alternative Monetarisierungsform von Kreativarbeiten unterstreichen und speziell im Fall von Louis C.K beweisen, dass von einem grundsätzlichen Mangel an Zahlungsbereitschaft nicht die Rede sein kann, zeigt die deutsche Comedyserie Stromberg, wie sich ein mit hohen Produktionskosten versehener Kinofilm partiell durch Anhänger vorfinanzieren lässt:

Über 3.000 Privatinvestoren sind dem Aufruf der Produktionsfirma Brainpool gefolgt und haben innerhalb von einer Woche eine Million Euro zusammen getragen, die als ein Teil zur Gesamtfinanzierung eines Stromberg-Kinofilms erforderlich waren. Die Geldgeber werden dann an den Erlösen des Streifens beteiligt.

Dieser sogenannte Crowdfunding-Ansatz erfreut sich wachsender Beliebtheit und kann zur Vorfinanzierung unterschiedlichster Projekte eingesetzt werden – von Startups über physische Produkte und Spiele bis hin zu Musik. Im Bezug auf Stromberg spricht Brainpool, dem es nicht nur um das Kapital sondern auch den Marketingeffekt gehen dürfte, vom bislang größten Fall von Schwarmfinanzierung.

Finanzierung und Monetarisierung sind zwei entscheidende Aspekte von Medienproduktionen. Während die Akteure in allen drei Fällen von ihrer (innerhalb der jeweiligen Zielgruppe) bereits starken “Marke” profitieren konnten und somit gegenüber unbekannten Medienschaffenden/-projekten im Vorteil sind, ist die entscheidende Erkenntnis, dass die Wertschöpfung in der Medienwelt des 21. Jahrhunderts nicht mehr zwangsläufig nach altbekannten Mustern ablaufen muss. So offensichtlich dies für regelmäßige Leserinnen und Leser von netzwertig.com klingen mag, so schwer tun sich die in Frage gestellten Institutionen mit dieser Realität. Es ist daher wichtig, auf erfolgreiche Experimente hinzuweisen und so andere Beteiligte der Kreativindustrie zum Denken in neuen Bahnen zu inspirieren. Denn wer das nicht kann, wird untergehen.

(Foto: Flickr/Images_of_Money/TaxBrackets.org, CC BY 2.0)


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