Immer mehr deutsche und internationale Startups wollen beweisen, dass sich das Abomodell von Netflix und Spotify auch auf E-Books übertragen lässt. Dazu müssen sie nicht nur besser sein als der Wettbewerb, sondern auch zeigen, dass Bücherfreunde darin einen Mehrwert sehen.
Trotz zahlreicher Wettbewerber haben Netflix und Spotify sich mit ihren Streamingflatrates für Filme/Serien beziehungsweise Musik in ihren aktiven Märkten sowie im medialen Bewusstsein recht eindeutig als Platzhirschen etablieren können. Für Rivalen war die Situation schon deshalb schwieriger, weil sie erst auf der Bildfläche erschienen, als sich die zwei Pioniere in ihren Herkunftsländern bereits einen Namen gemacht hatten. Auch wenn der sogenannte “First Mover Advantage” gerne als Mythos bezeichnet wird, profitierten beide Anbieter von ihren frühzeitigen Erfahrungen mit Streamingdiensten auf Abobasis.
Eine ganze Reihe von zum Teil blutjungen Diensten wollen jetzt sicherstellen, im Hinblick auf eine andere, eventuell ebenfalls durch die Einführung des Flatrate-Modells vor einem radikalen Wandel stehende Mediengattung garantiert nicht den Zug zu verpassen: Noch bevor klar ist, ob das All-You-Can-Eat-Prinzip sich sinnvoll und zur Zufriedenheit aller Parteien auf E-Books anwenden lässt, und bevor ein Anbieter so etwas wie einen Best Practice liefern konnte, wimmelt es im Web schon an Anwärtern auf den PR-getränkten Titel “Netflix/Spotify für E-Books”.
readfy feiert, während Skoobe zu stagnieren scheint
In Deutschland zuletzt besonders im Gespräch war readfy. 15.000 E-Books stellt das Düsseldorfer Startup Nutzern von Android-Geräten über seine Beta-App bereit – derzeit werbefinaniziert und damit kostenfrei. Mittelfristig befindet sich aber auch eine kostenpflichtige Premiumversion auf der Roadmap, ebenso wie die Lancierung einer iPhone-App. Mit einer Crowdinvesting-Kampagne, die 500.000 Euro von 1.363 Privatinvestoren einbrachte, erhielten readfy-Geschäftsführer Felix Bauchspiess und sein Team eine erste wertvolle Bestätigung ihres Ansatzes.
Den Rheinländern wird allerdings nicht entgangen sein, dass der Münchner Wettbewerber Skoobe, ein vor zwei Jahren gestartetes Joint-Venture von Holtzbrinck und Bertelsmann, bislang nicht die erhoffte dynamische Entwicklung durchgemacht hat. Ende vergangenen Jahres wurde die potenzielle Reichweite des Dienstes durch ein Ende der kostenfreien Testphase zudem noch beschränkt. Parallel verließ Mitgründer Christian Damke das Unternehmen. Planmäßige Expansion klingt anders.
Millionenschwere US-Anbieter bringen sich in Stellung
Dass sich Branchenbeobachter trotzdem nicht davor scheuten, ein wenig Geld an readfy zu überweisen, ist wohl auch auf die jüngsten Vorstöße US-amerikanischer Anbieter mit ähnlicher Ausrichtung zurückzuführen. Getreu dem Motto “Was in den USA Vorschusslorbeeren und Investorengelder bekommt, verkauft sich auch bei uns leichter”.
Für einiges Aufsehen sorgte im Mai 2013 der Launch von Oyster, dessen E-Book-Angebot zumindest quantitativ beeindruckt: Laut Firmenangaben mehr als 200.000 Titel stehen Käufern der Flatrate über eine iOS-App unbegrenzt zur Verfügung. 17 Millionen Dollar externes Kapital von diversen renommierten US-Investoren flossen bislang in das Startup. Von dem Kuchen, den es da dem Anschein nach zu verteilen gibt, will auch die ehemalige Dokumentenplattform Scribd etwas haben. Sie schickte wenige Monate nach dem Debüt von Oyster eine eigene E-Book-Flatrate ins Rennen, für die es monatlich mit 8,99 Dollar einen Dollar weniger verlangt als der Kontrahent. Mittlerweile existiert mit Epic auf der anderen Seite des Atlantiks auch ein auf Kinderbücher spezialisierter Abodienst.
Readly, 24symbols und die Onleihe
Sollte einer dieser US-Anbieter in eine stabile Wachstumphase eintreten, ist irgendwann auch mit einem Markteinstieg in Europa und Deutschland zu rechnen. Schon zuvor könnte aber das schwedische Startup Readly bei uns an Land gehen. Das Unternehmen, das mit einer “Spotify für Zeitschriften“-Idee begann, hat seine “Bibliothek” in der Heimat gerade um Bücher erweitert. Der Schritt nach Deutschland ist wie für viele andere Firmen aus dem hohen Norden naheliegend.
Als wäre dies nicht schon genug Wettbewerb, sollte man auch den aus Spanien stammenden, international ausgerichteten Dienst 24symbols sowie die Onleihe der öffentlichen Stadtbibliotheken erwähnen – auch wenn letztere aufgrund ihrer engen Bindung an Bibliotheken und der Voraussetzung eines Mitgliedsausweises in gänzlich anderen Gewässern fischt.
Von einem umkämpften Segment zu sprechen, wäre also noch eine Untertreibung. Nutzer profitieren erst einmal von dem Wettbewerb, auch wenn für sie auf mittlere Sicht eine Konsolidierung wünschenswert ist, damit sie nicht zum Zwecke einer maximalen Auswahl Abos bei mehreren Diensten unterhalten und bezahlen müssen. Allerdings steht noch der Beweis aus, dass Bücherfreunde eine Auswahl aus 10.000, 100.000 oder mehr Büchern bei durchschnittlich vielleicht einem oder zwei gelesenen Titeln pro Monat überhaupt als hilfreich empfinden. /mw
(Grafik: E-learning concept. Laptop with colorful books on a white background, Shutterstock)
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